Über 100 Sprachförderkräfte aus katholischen Kindertagesstätten des Bistums nahmen am inzwischen vierten Fachtag Sprachförderung teil, den die Familienbildung im Heinrich Pesch Haus in Kooperation mit dem Bistum Speyer organisierte. In diesem Jahr ging es um die besonderen Herausforderungen und Hindernisse, um jedem Kind gerecht zu werden.

Jana Schmitz-Hübsch, Referentin der Familienbildung, moderierte den Tag und startete ihn mit einer Austauschrunde zu  zwei bewusst provokant formulierten Thesen. Engagiert und sehr motiviert diskutierten die Teilnehmenden in Kleingruppen zum Beispiel über Gelingensfaktoren. Als wichtig erachten sie unter anderem qualifiziertes Personal, das sich im Team abspricht, ein Vertrauensverhältnis unter allen Beteiligten – auch zu den Eltern -, aber auch ausreichend Zeit und eine persönliche Haltung. Als Hindernisse machten die Fachkräfte unter anderem  fehlende Ressourcen im Alltag    und unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen der Kinder aus.

Wichtige Erfolgsfaktoren

„Wichtige Erfolgsfaktoren sind aus ihrer Sicht die Wertschätzung der Eltern, die Motivation der Sprachförderkräfte und erneut die Haltung: unerlässlich seien Zuwendung zum Kind, Empathie, Anerkennung auch kleiner Schritte, Toleranz, Kreativität und Engagement – alles nicht in Geld zu bemessen.

„Sprache ist im menschlichen Miteinander das wichtigste Mittel zur Verständigung. Sprache ermöglicht dem Kind, eine Vorstellung von Dingen und Handlungen zu entwickeln und in Resonanz zu sein mit der Welt“, hob Ulrike Gentner, Leiterin der Familienbildung im HPH, bei der Begrüßung hervor.

Ein solcher Fachtag mit Informationen und Austausch unter den Sprachförderkräften sei wichtig, betonte Joachim Vatter, Leiter der Abteilung Kindertagesstätten im Bistum Speyer. Rund 190 Sprachförderkräfte gebe es derzeit im Bistum, trotzdem sei davon auszugehen: „Da liegt noch viel Arbeit vor uns.“ Vatter nannte in diesem Zusammenhang die große Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund oder aus Flüchtlingsfamilien, aber auch Kinder mit verschiedenen sozialen und körperlichen Auffälligkeiten.

„Das wächst sich noch aus – oder doch nicht?“

Hauptreferentin des Tages war die Sprachpädagogin Barbara Ermes. Sie griff in ihrem Vortrag die Ergebnisse der Austauschrunden auf und stellte auch die Themen in den Mittelpunkt, die später in den einzelnen Foren noch vertieft wurden. „Das wächst sich noch aus – oder doch nicht?“ – so hatte Ermes ihren Vortrag überschrieben. Sie machte gleich zu Beginn deutlich, dass dieser Satz immer nur eine gefährliche Vermutung sein könne.

In rund 14 Jahren Tätigkeit als Sprachförderkraft habe sie mit knapp 1800 Kinder zusammengearbeitet und immer wieder erfahren: Um Spracherwerb und Sprachkompetenz bei Kindern zu fördern, brauche es frühe und niedrigschwellige Interventionen. Ermes vergleicht die Sprachentwicklung mit einem Baum – und hier müsse man bereits an der Wurzel ansetzen. In diesem „Sprachbaum“ spielten viele Faktoren eine Rolle wie Bewegung und Interaktion. Die Fernsinne wie Hören und Sehen seien ebenso wichtig wie Fühlen und Tasten. Auch die sozial-emotionale Entwicklung dürfe nicht unterschätzt werden. Zu oft bleibe eine gesunde Ernährung oder die Persönlichkeit des Kindes unberücksichtigt: „Egal ob es introvertiert oder extrovertiert ist, wir müssen das Kind locken“, fordert sie.

Mehrsprachigkeit könne gefährdend oder nutzbringend sein, so Ermes. Interkulturalität war auch eines von fünf Themen in den nachmittäglichen Fachforen. In diesen konnten die Teilnehmenden sich frei von Zeitdruck intensiv mit einem Aspekt der Sprachförderung auseinandersetzen und manches auch kreativ umsetzen. Das galt beispielsweise im Forum „Kreative Medienbildung“. Hier ging es nicht nur um Praxisbeispiele zum kreativen und altersgerechten Einsatz von Medien zur Sprachförderung; die Teilnehmenden produzierten darüber hinaus selbst Comics.  „Bewegung und Sprache“ war ein weiteres Thema, bei dem fantasievolle und vielfältig einsetzbare Spiele und Übungen vorgestellt und ausprobiert wurden. Auch Möglichkeiten, um Legasthenie früh zu erkennen und zu vermeiden, wurden betrachtet.

Am Ende eines sehr gehaltvollen Tages waren die Teilnehmenden froh über vielfältige Informationen und Einblicke und dankbar für sehr praxisorientierte Anregungen und Diskussionen.

brid / 17.02.2017