„Integration und Inklusion, Bildung und Erziehung schaffen Grundlagen für Lebenschancen, für  Miteinander und Weiterentwicklung. Der Veranstaltungstitel „Voll daneben oder mittendrin“ beschreibt ein zentrales Merkmal in unserer Kommunikation, in Sozialräumen und gesellschaftlichen Bezügen. Da, wo Verbindung ist, entstehen Vertrauen und Freiraum. Wie gelingt das?“ Mit dieser Eingangsfrage eröffnete Ulrike Gentner, stellvertretende Direktorin des Heinrich Pesch Hauses, die inzwischen fünfte Kooperationstagung zu Marte Meo im HPH.

Und wieder war die Resonanz überwältigend: 400 Teilnehmende füllten die Aula, und das Interesse war noch viel größer gewesen. Die Teilnehmenden kamen aus therapeutischen, pädagogischen, sozialen und politischen Arbeitsfeldern in der Metropolregion Rhein-Neckar und angrenzenden Bundesländern.

Kein Wunder, bei den Referentinnen: Maria Aarts ist die Begründerin des Marte Meo Ansatzes. Im Bereich der Entwicklungspsychologie hat sie praxistaugliche und universell einsetzbare Methoden der Interaktionsanalyse entwickelt. Damit kann konstruktive Interaktionen und Kommunikation in vielfältigen Handlungsfeldern gelingen. In den zurückliegenden fast 40 Jahren hat sich Marte Meo international verbreitet und ist sehr anerkannt in vielen Kulturen.

Josje Aarts ist Direktorin von Marte Meo International Education und hat das Marte Meo Programm für Kindergärten und Schulen weiterentwickelt. Sie ist spezialisiert  für Sprachentwicklung, institutionelle Kontexte, Integration mental beeinträchtigter Menschen und für das Gesundheitswesen. Das Kooperations- und Vorbereitungsteam des Tages bestand aus Sabine Herrle von Marte Meo Pfalz, Andreas Hochreither, Bereichsleiter Erziehungshilfe der Ökumenischen Fördergemeinschaft Ludwigshafen, Hannele Jalonen, Integrationsbeauftragte der Stadt Ludwigshafen, sowie Jana Schmitz-Hübsch, Leitung der Familienbildung im HPH, die den Fachtag moderierte.

„Wir alle sind LU“

Als „überwältigend“ bezeichnete auch Ludwigshafens Dezernentin für Soziales und Integration Beate Steeg die Resonanz auf den Fachtag und betonte: „Das HPH holt immer wieder interessante Veranstaltungen zu wichtigen Themen nach Ludwigshafen.“ Die Themen Integration, Migration, Inklusion – auch auf dem Arbeitsmarkt – seien Themen, die ganz eng mit ihrem Dezernat verknüpft seien. Sie als Dezernentin stehe für den Slogan „Wir alle sind LU“. Aber es brauche geeignete Strategien und Kooperationspartner, damit das Miteinander von vielen Menschen gelingen kann. Ludwigshafen sei eine Stadt, in der schon immer sehr verschiedene Menschen miteinander leben, „und bisher hat das auch immer gut funktioniert.“ Damit das weiterhin so bleibe, müsse man aufeinander zugehen, aufeinander neugierig sein, Kommunikationsräume schaffen und vor allem zulassen, „dass der gegenüber Stehende anders ist als ich.“

Wie das gelingen kann, darauf gingen die Schwestern Maria und Josje Aarts in ihren Vorträgen zu den Themen „Gute Kontaktmomente“, „Gute Kontakte ermöglichen“, „Inklusion und Integration“ sowie „Erfolgreich und nachhaltig wirken“ ein.

Marte Meo ist keine Methode, sondern eine Haltung

Maria Aarts und Josje Aarts stellten in ihren Vorträgen vor, wie Marte Meo in ganz unterschiedlichen Kontexten – ob Kita, Schule oder Behindertenhilfe – hilfreich eingesetzt werden kann für den guten Kontakt zu „Menschen, die nicht so ganz passen“. Die Filmsequenzen, die sie dafür zeigten, nennt Maria Aarts ihr „goldenes Geschenk“. Die „Macht der Bilder“, erklärte sie, lasse die Menschen erkennen, was in Kommunikation und Interaktion gut gelaufen ist – „und positive Bilder bleiben im Gedächtnis“. Sie machte deutlich: „Kinder haben das Recht auf positives und differenziertes Feedback“, und fügte schmunzelnd an: „Wenn die Eltern das wüssten, wäre vieles leichter.“

Wie Marte Meo im Alltag eingesetzt wird, davon können auch Simone Muth, Christiane Ziegler und Heidi Hay erzählen. Sie alle arbeiten in verschiedenen Kontexten bei der Ökumenischen Fördergemeinschaft in Ludwigshafen.  Die Kita Hartmannstraße etwa besuchen viele Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Dank Marte Meo haben die Erzieherinnen gelernt, wie sie die Kinder ansprechen und auf sie reagieren. So bekommen die Kinder zum einen das Gefühl, gesehen und wertgeschätzt zu werden – und indem die Erzieherinnen ihnen auch mit Worten wiederspiegeln, was sie gerade tun und gut gemacht haben, entwickeln sie einen größeren Wortschatz.

Im Eltern-Kind-Kompetenzzentrum, einer Einrichtung im Trägerverbund vom Ludwigshafener Zentrum für individuelle Erziehungshilfen, dem Verein für Jugendhilfe Ludwigshafen und der Ökumenischen Fördergemeinschaft Ludwigshafen, lernen Mütter und Väter kleiner Kinder dank der Filmsequenzen, wann es ihnen gelingt, mit ihren Kindern in gutem Kontakt zu sein, und auf welche Verhaltensweisen und „freundliche Gesichter“ die Kinder positiv reagieren. In den Sequenzen geht es um alltägliche Situationen wie Wickeln, Essen oder gemeinsam Spielen. Woche für Woche entstehen solche Filme, und dank dieser „objektiven Bilder“ erfahren die Mütter sehr gut, dass sie durchaus kompetent sind. „Viele dieser Eltern haben ja als Kinder selbst nicht erfahren, dass sie etwas gut können. Das ist für sie ein echter Gewinn“, sind die Mitarbeiterinnen überzeugt.

Marte Meo geht immer und  überall, ist man in der Ökumenischen Fördergemeinschaft überzeugt. In allen Kitas gibt es pro Gruppe mindestens eine Ansprechperson dafür. Jede Interaktion, die stattfindet, sei eine Gelegenheit zu einem guten Kontakt – das haben sie verinnerlicht. Und alle sind sicher: „Marte Meo geht auch ohne Filme. Denn es ist keine Methode, sondern eine Haltung!“