Fast 40 Prozent der 9- bis 14-Jährigen denken nicht, dass Kinder die gleichen Menschenrechte haben wie Erwachsene. Knapp 30 Prozent meinen, kleinere Kinder hätten weniger Menschenrechte als größere. Das zeigt eine repräsentative Studie im Auftrag von Amnesty International in Deutschland, bei der bundesweit mehr als 1.000 Kinder zwischen neun und 14 Jahren befragt worden sind.

Dabei haben Kinder spätestens seit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention 1989 Rechte. Und zwar jede Menge wie zum Beispiel das Recht auf ihre Privatsphäre, auf Gesundheit, Schulbildung, aber auch das Recht auf Spiel und Erholung, auf Mitbestimmung und ein sicheres Zuhause.

Kinder als „Miniatur-Menschen“

Aber das war nicht immer so. Bis in das 18. und 19. Jahrhundert hinein wurden Kinder als kleine Erwachsene angesehen, als „Miniatur-Menschen“, die weder besondere Rechte besaßen noch besonderen Schutz genossen. „Kind“ und „Kindheit“ wurden, folgt man dem „Grimmschen Herkunftswörterbuch“ bis Ende des 18. Jahrhunderts, im Sinne von „Kind sein von ….“ verwendet., also um verwandtschaftliche Beziehungen aufzuzeigen.

Das änderte sich mit den radikalen Veränderungen, die die Aufklärung und die Industrialisierung für die Gesellschaft mit sich brachten. Die Menschen begannen, Kindheit als eine gesonderte Phase der Entwicklung anzusehen. Kindern wurde nach und nach Zeit und Raum eingeräumt, um zu lernen und erwachsen zu werden. Diese neue Stellung des Kindes im gesellschaftlichen Gefüge drückte sich in ersten Schutzmaßnahmen aus. Dazu gehört das Verbot der Kinderarbeit in Fabriken, das in Deutschland für Kinder bis zu neun Jahren 1839 ausgesprochen wurde. Dazu zählt aber auch die Schulpflicht, die in Preußen bereits seit 1717 galt und im Deutschen Reich nach der Reichsgründung 1871 als Unterrichtspflicht allgemeinverbindlich eingeführt wurde.

Das Jahrhundert des Kindes

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzten sich vermehrt Pädagog*innen für die Rechte der Kinder ein: So rief die schwedische Reformpädagogin Elley Key 1900 das Jahrhundert des Kindes aus. Der „Jahrhundertpädagoge“ Janusz Korczak formulierte die Grundrechte der Kinder. Die Rechte von Kindern wurden immer mehr wahrgenommen und führten zu ersten völkerrechtlichen Verträgen zum Schutz und zur Wahrung der Rechte von Kindern, etwas das Haager Abkommen zur Regelung der Vormundschaft über Minderjährige vom 12. Juni 1902 und das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung des Mädchenhandels vom 04. Mai 1910.

Ein Meilenstein in der Geschichte der Kinderrechte war die „Genfer Erklärung“, die der Völkerbund am 26. September 1924 verabschiedete: Erstmals wurden die besonderen Rechte von Kindern offiziell anerkannt und betont, dass die Menschheit „ihren Kindern das Beste, was sie zu bieten hat, schuldig ist.“

Die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Vereinten Nationen, die UNESCO und das Kinderhilfswerk UNICEF bezogen zwar auch Kinder und ihre Rechte in ihre Arbeit mit ein, doch sollten letztlich 35 Jahren vergehen, bis die Vereinten Nationen dezidiert die Kinderrechte in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellten. Mit der „Erklärung der Rechte des Kindes“ vom 20. November 1959 sicherte man den Kindern in zehn Grundsätzen unter anderem das Recht auf einen Namen, Würde, Versorgung, Spiel und Freizeit sowie Schutz vor Diskriminierung und Ausbeutung zu. Diese Erklärung hatte jedoch noch keine rechtliche Verbindlichkeit.

„Prävention – Protektion – Partizipation“

Zum 20. Jahrestag der Erklärung der Rechte des Kindes erklärten die Vereinten Nationen 1979 zum Internationalen Jahr des Kindes. Die Arbeit an einer internationalen Konvention der Kinderrechte begann und fand zehn Jahre später, am 20. November 1989 mit der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen ihren Abschluss.

Mit ihren 54 Paragrafen gilt sie als das wichtigste internationale Menschenrechtsinstrumentarium für Kinder. Der Gesetzestext beinhaltet die bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte des Kindes und ist die meistgezeichnete Konvention weltweit! Ihr Inhalt wird mit „Prävention – Protektion – Partizipation“ zusammengefasst. Mit 196 Ländern haben fast alle Staaten auf der Welt den Vertrag unterschrieben – mit Ausnahme der USA.

Seitdem wird der 20. November als Internationaler Tag der Kinderrechte gefeiert.

 

Deutschland hat die Konvention bereits ein Jahr nach dem Beschluss der UNO  unterschrieben und zu geltendem Recht gemacht. Doch noch sind die Rechte der Kinder längst nicht in allen Lebensbereichen umgesetzt. Als wichtiges Zeichen gilt die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetzt, für die sich das „Aktionsbündnis Kinderrechte“ – bestehend aus dem Deutschen Kinderhilfswerk, dem Deutschen Kinderschutzbund und UNICEF Deutschland – seit 2007 einsetzt.

 

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