„Für eine gesunde Entwicklung brauchen Kinder mehr als nur Nahrung und ein Dach über dem Kopf. Der Wunsch nach Nähe zu vertrauten Personen und das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutzgehören ebenso dazu wie der Drang, Neues zu erleben und die Welt zu erkunden.“ Dieses Zitat stammt von dem amerikanischen Kinderarzt T. Berry Brazelton und dem Kinderpsychiater Stanley Greenspan. Die beiden unterscheiden sieben Grundbedürfnisse, deren Befriedigung Voraussetzung für eine glückliche Entwicklung der Kinder sei.
„Diese Aufzählung dessen, was Kinder brauchen, ist eine gute Grundlage für Eltern und Fachkräfte“, meint Kerstin Hofmann, Leiterin der Familienbildung im Heinrich Pesch Haus. „Man sollte aber trotzdem bedenken, dass Kinder verschieden sind und sich ihre Bedürfnisse daher auch unterscheiden können.“ Um eine Idee zu bekommen, was hinter den „sieben Grundbedürfnissen“ steckt, werden wir sie in den kommenden Monaten an dieser Stelle vorstellen und beschreiben.

Grenzen und Strukturen

Zur Erinnerung: Bei den ersten vier Grundbedürfnissen geht es um beständige, liebevolle Beziehungen, um körperliche Unversehrtheit und Sicherheit des Kindes, um individuelle sowie entwicklungsgerechte Erfahrungen. Genauso wichtig für ein gelingendes Aufwachsen ist auch das fünft Grundbedürfnis: das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen.

„Damit Kinder Freiräume erobern und sich gefahrlos entwickeln können, brauchen sie sinnvolle Begrenzungen und Regeln“, schreiben Brazelton & Greenspan. Wohlwollende, erzieherische Grenzsetzung fordere die Kinder auf liebevolle Weise und fördere beim Kind die Entwicklung innerer Strukturen.

Gewaltverzicht

Sehr wichtig sind dem Kinderarzt und dem Kinderpsychologen dabei der Verzicht auf Schläge und andere Formen von Gewalt und Erniedrigung. „Kinder zu erziehen bedeutet nicht, sie für ihr Fehlverhalten zu bestrafen, sondern ihnen die Anerkennung von Regeln und Grenzen zu erleichtern“, betonen die beiden. Andersherum gesagt – Grenzen müssen auf Zuwendung und Fürsorge, nicht auf Angst und Strafe aufbauen. Eine liebevolle Setzung von Grenzen bietet Kindern Schutz, Halt und Geborgenheit. Denn ihr Erfahrungsraum ist überschaubar. Hier können sie sich gefahrlos ausprobieren, bekommen Anregungen und können altersgerechte Erfahrungen machen.

Grenzen fordern heraus

Und noch einen positiven Aspekt gibt es, wenn es in einer Familie Grenzen gibt: Kinder ringen mit ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen um diese Grenzen. Sie versuchen zum Beispiel, abends länger aufbleiben zu dürfen oder alleine mit einem Freund oder einer Freundin in die Stadt gehen zu dürfen. Dabei werden so wichtige Fähigkeiten wie Argumentieren und Durchsetzen geübt. „Schritt für Schritt gelingt es dem Kind, sich gegenüber den Eltern Spielräume und Grenzverschiebungen zu erarbeiten“, erläutern Brazelton & Greenspan.

Vorträge zum Thema im HPH

„Im Familienalltag können Grenzen zur Herausforderung werden, wenn man sie den Kindern gegenüber immer wieder durchsetzen muss“, weiß Jana Sand, Leiterin der Familienbildung im Heinrich Pesch Haus, aus vielen Gesprächen mit Eltern. Deshalb bietet die Familienbildung in regelmäßigen Abständen Vorträge zu Erziehungsthemen an. Am 25. November geht es um „Kess-erziehen: sicher und stabil“, am 2. Dezember können interessierte Eltern erfahren, wie sich „Die 7 Fallen der Kindererziehung vermeiden“ lassen