Belastungen am Arbeitsplatz: „Bei der heutigen Fachtagung haben Sie als Fachkräfte die Chance, über den Umgang mit Belastungen am Arbeitsplatz intensiv in den Austausch zu gehen. Dieses „Sich Zeit nehmen“ ist ganz entscheidend, um Situationen und eigenes Verhalten zu überdenken und Impulse zur Weiterentwicklung aufzunehmen. Das ist zwar kein erfreuliches Thema, aber umso wichtiger ist es, dass es aufgegriffen wird.“ So eröffnete Ludwigshafens Sozialdezernentin Prof. Cornelia Reifenberg die Tagung „Sich nicht jeden Schuh anziehen….“, die die Familienbildung im Heinrich Pesch Haus gemeinsam mit den Bereichen Jugendförderung und Erziehungsberatung sowie Kindertagesstätten der Stadt Ludwigshafen veranstaltete.
Die große Zahl an Teilnehmenden bewies, dass das Thema Bedeutung hat: Rund 90 Fachkräfte aus Erziehung, Bildung, Sozial- und Gesundheitswesen waren gekommen, um sich auszutauschen und Impulse zu erhalten, die sie in ihrem Arbeitsalltag umsetzen können. Der Bereichsleiter der städtischen Kindertagesstätten in Ludwigshafen Rudolf Leidig hatte allen städtischen Kita-Leitungskräften die Teilnahme an diesem Fachtag ermöglicht. „Mit den Belastungen am Arbeitsplatz müssen wir uns insbesondere als Führungskräfte bewusst auseinandersetzen. Nur so kann es gelingen, gut mit den Herausforderungen umzugehen.“
„Wir greifen hier ein Schlüsselthema unserer Zeit auf, und ich begrüße es, dass das Heinrich Pesch Haus sich diesen Schuh angezogen hat“, so Reifenberg in ihrem Grußwort weiter. Veränderte Lebenswelten von Kindern und Erwachsenen brächten auch neue Herausforderungen für die Einrichtungen mit sich. Die zunehmende Digitalisierung und steigender Verwaltungsaufwand würden von den Fachkräften deutlich wahrgenommen und ließen ise immer häufiger wünschen, „sie könnten sich mehr ihren inhaltlichen Arbeiten widmen.“
Ulrike Gentner, stellvertretende Direktorin im HPH, berichtete, wie sich das Thema für den Fachtag entwickelte. Bei der Vorbereitung und in den gemeinsamen Gesprächen mit den Kooperationspartnern wurden die Themenfelder konkreter. „Wir haben uns für verschiedene Perspektiven entschieden“, sagte sie und zählte auf: sich selbst gesund erhalten, Ressourcenorientierung, Umgang mit Bedürfnissen, Ordnung halten Zeitfressern entgegenwirken sowie Grenzen setzen und verantwortet „Nein“ sagen. Und so entstand auch der Titel „Sich nicht jeden Schuh anziehen…..“, der schon so manches Schmunzeln hervorgerufen habe, vor allem aber die Zustimmung: „Das passt!“
„Mir hilft das Bild mit dem Schuh für die Unterscheidung und Entscheidung“, führte Ulrike Gentner weiter aus. Dabei kämen ihr Redewendungen und Fragen in den Sinn wie: Den Schuh zieh ich mir nicht an. Welchen Schuh ziehe ich immer wieder gerne an? Was treibt mich an, wenn ich immer wieder meine „Vermittler-Schuhe“ anziehe? Und die Hausschuhe am Abend lösen vielleicht den Impuls aus, abzuschalten und zu entspannen.
„Äußere und innere Belastungen“
Beim anschließenden Vortrag von Dr. Michael Koch zu „Resilienz“ ging ging es um die Herausforderung, mit den äußeren und inneren Belastungen am Arbeitsplatz fertigzuwerden. Der Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Oberarzt der Heiligenfeld Klinik Uffenheim referierte über die „Aspekte erfüllender Arbeitstätigkeit“. Menschen in sozialen Berufen, so seine These, verspürten oft eine „sehr tiefe Motivation“ in ihrer Arbeit und engagierten sich von Herzen. Das biete ihnen eine gute Chance, ihre Arbeit als erfüllend anzusehen – eine wichtige Voraussetzung für Resilienz. Andererseits, räumte er ein, bestehe gerade auf Grund dieser Motivation „das Risiko sich ordentlich zu überanstrengen“.
Wie die Balance zwischen Motivation und Überanstrengung gelingen kann, wie Beschäftigte ihre Motivation und wichtige Freiräume erhalten können, aber auch, welche Möglichkeiten bestehen, mit den eigenen Bedürfnissen umzugehen, einen achtsamen Tagesablauf zu realisieren oder verantwortet „Nein“ zu sagen, waren die Themen von fünf Workshops, aus denen die Teilnehmenden zwei auswählen konnten.
Mit einem außergewöhnlichen Abschluss endete der Fachtag: Der Gesangspädagoge Matthias Otto lud die Teilnehmenden zum gemeinsamen Singen ein. Notenkenntnisse und Singerfahrung waren nicht nötig um zu spüren, wie Kreativität und Entspannung mit Musik möglich sind.